Begriffe der Theologie

Als evangelische Pfarrerin sind mir viele Begriffe vertraut, die anderen Menschen wenig sagen. Begriffe können dabei helfen, etwas klarer auf den Punkt zu bringen und sich besser zu verständigen. Daher hier einige Begriffe, die vielleicht anderen Menschen im Blick auf Glaubensfragen weiterhelfen…

Theologie
Theologie bedeutet „Rede von Gott, Nachdenken über Gott“. Meistens versteht man in unserem Land unter Theologie die „christliche Theologie“, aber es gibt natürlich auch Theologie bei anderen Religionen und sogar manche Vertreter von Sekten bezeichnen sich als Theologen. Nicht überall, wo „Theologie“ daraufsteht, ist also christliche Theologie zu erwarten…

Woran erkennt man „christliche Theologie“?
Christliche Theologen bekennen sich zu „Schrift und Bekenntnis“ – das bedeutet: Als Quelle für ihre Arbeit gilt die Bibel, wie sie in der Zeit der alten Kirche kanonisiert wurde und als Maßstab gelten die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse.

Evangelische Theologie ist ein Teil der christlichen Theologie. Verbindiche Bekenntnisschriften sind neben den altkirchlichen Bekenntnissen aber auch die Bekenntnisschriften der evangelischen Kirche (z.B. Confessio Augustana). Wer evangelische Theologie studiert, lernt die historisch-kritische Auslegung der Bibel – das bedeutet, dass evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer Bibeltexte in ihrer geschichtlichen Entstehung verstehen lernen und einordnen können. Damit ist klar, dass nicht jedes Wort der Bibel die gleiche Bedeutung und Normativität hat wie andere. Das wurde schon im Neuen Testament selber deutlich – z.B. in der Versuchungsgeschichte Jesu (Mt 4), die deutlich macht, dass es auf die richtige Auslegung des Psalms 91,11 und nicht auf ein wörtliches Verständnis ankommt – vgl. dazu Mt 4,6ff). Ein anderes Beispiel für die Frage nach dem richtigen Schriftverständnis ist der Streit um die Beschneidung und die Einigung beim Apostelkonzil im Blick darauf, welche Teile des atl. Gesetzes für die sogenannte Heidenmission verbindlich gelten sollen.
Kernfrage ist deshalb: Wie legt man die Bibel im Sinne Jesu aus? Jesus Christus ist das Zentrum und die Mitte der biblischen Botschaft.

Manchmal wird so getan, als ob Genesis 1 als verbindliche Norm für alle Menschen im Sinne eines von Gott gewollten Gesetzes bzw. einer „Schöpfungsordnung“ zu verstehen sei. Doch im Text selber gibt es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass er sich als „Gesetz“ versteht (anders etwa als bei den 10 Geboten oder anderen biblischen Texten, die in Form von Gesetzen/Ordnungen dargestellt werden). Vielmehr beschreibt Gen 1 das, was Menschen zur Zeit, als diese Schöpfungserzählung entstand, über Menschen wussten und Gen 1 beschreibt ein Ziel: Fruchtbarkeit (Gen 1,22.28). Dass es auch Menschen gibt, die diese Kategorie/Beschreibung nicht erfüllen können, weil sie von Geburt an oder durch einen Eingriff oder freiwillig dazu nicht in der Lage sind / darauf verzichten, wird in Jesu Wort zum Thema „Ehe“ in Matthäus 19,12. Die Neue Genfer Übersetzung übersetzt diese Bibelstelle am besten:
„Manche sind nämlich von Geburt an zur Ehe unfähig A), manche werden durch den Eingriff von Menschen dazu unfähig gemacht, und manche verzichten von sich aus auf die Ehe, um ganz für das Himmelreich da zu sein B). Wer es begreifen kann, der möge es begreifen!«
A) W vom Mutterleib an zeugungsunfähig.
B) W und manche haben sich selbst zeugungsunfähig gemacht wegen des Himmelreichs.“
Das griechische Wort, das hier steht, ist eunuchein von dem sich der Begriff „Eunuch“ ableitet. Die Lutherbibel übersetzt „Eunuch“ mit „Verschnittener“.
Transsexualität ist ein Phänomen, dass es zu allen Zeiten und in allen Kulturen gab und gibt.
Exkurs: Mehr zum Phänomen, dass Transsexualität keine Modeerscheinung ist, sondern kulturell übergreifend nachweisbar, findet man in Prof. Dr. Udo Rauchfleisch´s Buch Anne wird Tom, S.25ff, – oder in einem Artikel der BBC über den Bundesstaat Tamil Nadu und eine transsexuelle Polizistin K Prithika Yashini (in english) und die Notwendigkeit, qua Gerichtsbeschluss einen Einstellungstest (100 Meter Lauf) zu kippen oder in diesem Bericht über die indische Kultur von Bernhard Peter). Dass es in Indien trotz der Anerkennung eines „dritten Geschlechts“ nicht unbedingt einfach ist, sich als transsexueller Mensch zu outen, kann man hier nachlesen (in english) – ebenso gibt es trotz religiöser Anerkennung moderne Formen der Diskriminierung

Weil es in verschiedenen Epochen der Geschichte und in verschiedenen Kulturen transsexuelle Menschen gab und etliche eben im Blick auf die Diskrepanz zwischen Hirngeschlecht und Genitalgeschlecht massiven Leidensdruck haben, wird zumindest ein Teil der „Eunuchen“ mit der Gruppe der „Transsexuellen“ in der Antike übereingestimmt haben (auch wenn es sicherlich auch viele andere Gründe für eine Kastration gegeben haben mag).

In der Bibel zeichnet sich im Blick auf den Umgang mit Eunuchen auch eine geschichtliche Wandlung ab: Während Dtn 23,2 eine Gemeindemitgliedschaft von Eunuchen noch ausschließt, spricht Jesaja 56,3-4 eine Verheißung für Eunuchen aus, die an Gottes Bund festhalten und Apg 8,27ff spricht von einem Kämmerer, der Eunuch war (das kommt in der Lutherübersetzung 1984 leider nicht zum Ausdruck, aber in der Neuen Genfer Übersetzung bzw. im griechischen Urtext). Ausgerechnet zu diesem Eunuchen führt der Geist Philippus, um ihn zu taufen – d.h. das Verdikt von Dtn 23,2 ist nicht nur aufgehoben, sondern durch Gottes Geist explizit in Frage gestellt worden!

Was den Begriff der „Schöpfungsordnung“ angeht, habe ich andernorts im Blog bereits den Theologen Karl Barth etc… zitiert…

Zum Begriff /Konzept „Sünde“ und der Frage, ob eine Geschlechtsangleichung „Sünde“ ist, habe ich hier ein paar Gedanken formuliert.

Letztes Update dieses Artikels: 7.11.2015

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Eine Antwort zu Begriffe der Theologie

  1. De Benny sagt:

    Kleiner Hinweis: Das mit dem Bekenntnis und der Verbindlichkeit ist so ne Sache, vor allem wenn man in den reformierten Bereich geht. Die (reformierten) Kirchen der Schweiz sind „bekenntnisfrei“, haben kein verbindliches schriftliches Bekenntnis. Ebenso sieht es in der Pfalz aus. Naja, fast, es gibt auch welche die argumentieren, die CA Variata sei verbindlich, aber das hat keine realen Auswirkungen. Versteht man Bekenntnis jedoch nicht als Schriftstück, sondern als individuelles Bekenntnis zu Christus, spielen auch Schweizer und Pfälzer wieder mit… 😉

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